Liebe Gemeindemitglieder, liebe Gäste!
JAHRESLOSUNG 2024
Die Welt, in der wir leben, wird immer rauher. Krisen bedrohen den Frieden. Krieg ist wieder zu einem Mittel der Politik geworden, nicht nur in der Ukraine und in Nahost. Auch in unserer Gesellschaft nehmen die Spannungen zu. Es gibt immer mehr Verurteilung und Unversöhnlichkeit. Angst, Hass, Lüge und Zwietracht scheinen unser Miteinander im Privaten wie auf Weltebene immer öfter zu bestimmen. Wie soll man da noch Frieden finden? Auch inneren Frieden?
Die Jahreslosung 2024 scheint perfekt zu passen in diese Zeit. Sie trifft unsere Sehnsucht mitten im Herz. Und scheint doch eine immer unrealistischer werdende Hoffnung auszudrücken.
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!“ – sagt Paulus der christlichen Gemeinde in Korinth. Die auch zerrissen war von Spannungen und Spaltungen. Es gab schroffe Gegensätze von Reich und Arm. Es gab Zuwanderung. Traditionelle demokratische Strukturen bröckelten. Unterschiedliche Kulte und Heilslehren wetteiferten miteinander. Der Fundamentalismus hatte einen guten Nährboden.
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!“ – Klingt eigentlich ganz einfach! Und ist doch so schwer. Da brauchen wir gar nicht erst in die weite Welt schauen, sondern in unser Zuhause. In unsere Familien und Partnerschaften, in die sozialen Bezüge und Orte, in denen wir leben und wirken.
Alles, was wir tun, in Liebe geschehen zu lassen – das ist die radikale Botschaft, die uns herausfordert. Eine Botschaft, die die Welt braucht – weil viel zu oft lieblos gehandelt und gelebt wird.
Alles, was wir tun, in Liebe geschehen zu lassen – dieser Aufruf öffnet ein lebenslanges Übungsfeld. Damit sind wir nie fertig. Damit müssen wir immer neu anfangen. Zumindest wenn dieser Ruf unser Herz erreicht und zu einer Leitlinie unseres Lebens werden soll.
Das fängt ganz banal an. Schon wenn ich morgens aus der Haustür gehe, ist es eine Herausforderung, alle Menschen, die mir begegnen, als von Gott geliebte Menschen anzusehen. Auch den zu ertragen und liebevoll anzublicken, der mich nervt. Denn aus einem Grund, den ich niemals verstehen werde, liebt Gott diesen Menschen.
Einzig die Kraft und die Macht der Liebe vermögen es, unser Herz zu erweichen und so zum Impuls gegen jegliche Angst, allen Hass, Feindschaft und Trennung zu werden.
Einzig die Kraft der Liebe vermag unser Herz so erweichen, dass unser alltäglicher Umgang mit Achtsamkeit und Achtung, mit Zuwendung und Fürsorge, mit Rücksicht und Respekt gefüllt wird. Und mit dieser fast paradoxen Hoffnung, dass die Liebe am Ende siegen wird.
„Und wenn ich alle Fähigkeiten der Welt hätte, uns wenn ich alles besitzen würde und viel Macht hätte – und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts!“ So drückt es Paulus im Hohenlied der Liebe 1. Korinther 13 aus.
Liebe macht das Leben reich. Liebe macht das Leben erträglich. Liebe sucht trotzdem einen Weg. Sie bleibt ein tägliches Übungsfeld. Wir können in sie hineinatmen und hineinwachsen. Und so einen Beitrag leisten zu einem liebevolleren Miteinander, zu mehr Frieden und Verbundenheit untereinander als Menschen.
Ich wünsche uns gesegnetes neues Jahr, gefüllt mit Liebe, im Privaten, im Gesellschaftlichen und weltweit. Obwohl es unrealistisch scheint… aber die Liebe folgt bekanntlich ja weder der Vernunft noch der Wahrscheinlichkeit.
Ihr/Euer Pfarrer Uwe Six